Neue Wege gehen

Neue Wege zu gehen ist oft eine Herausforderung - aus verschiedenen Gründen. Wir kennen es aus unserem Alltag. Wir gehen täglich dieselben Wege wie am Vortag. Der bewährte Arbeitsweg, der uns gestern zuverlässig zum Arbeitsort geführt hat, wird uns auch heute und morgen zuverlässig zur Arbeit bringen. Wieso nicht einmal einen anderen, einen neuen Weg gehen? 
 
Ähnlich geht es uns mit lange antrainierten und eingespielten Verhaltensmustern und Gewohnheiten. Während wir uns beim Arbeitsweg lediglich ein wenig anstrengen müssen, aber im Grunde  ganz unkompliziert einen anderen Weg einschlagen könnten, fällt uns das bei unserem Verhalten nicht so leicht. Wir brauchen viel Disziplin, Ausdauer und Geduld, um z.B. unsere Angewohnheit zu lästern, aufzuhören und gegen wohlwollendes Sprechen auszutauschen. Und wenn wir gar unsere angst behaftete Art über die Zukunft zu denken gegen ein optimistisches Denken eintauschen möchten, dann braucht das noch viel mehr Achtsamkeit und Durchhaltewillen. Aber allen Schwierigkeiten zum Trotz - es ist möglich. Unser Hirn ist ein plastisches Organ, das bis ins hohe Alter fähig und kompetent ist, Neues zu lernen und neue Wege zu gehen. 
 
Aber was ist es eigentlich, das uns im Alten verhaftet sein lässt? Es sind in meinen Augen hauptsächlich drei Dinge, die uns daran hindern, mutig in das Neue einzutauchen: Das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit, antrainierte Gewohnheiten und die Angst vor dem Ungewissen. 
 
Unser Bedürfnis nach Sicherheit hängt von vielen Faktoren ab und es zeigt sich, dass Menschen überall auf der Welt und seit Menschengedenken auf vielerlei Arten und Weisen nach Sicherheit streben. So ging es auch dem Volk Israel, welches Mose aus der Gefangenschaft in Ägypten befreite. Als sie jedoch auf ihrem Weg in die Freiheit auf Hindernisse stiessen, beschwerten sie sich bei Moses und wollten zurück in die vermeintliche Sicherheit in Ägypten - und dadurch ihre Freiheit wieder abgeben. Im christlichen Glauben unterscheiden wir zwischen Sicherheit (securitas) und Gewissheit (certitudo). Darin liegt viel Weisheit, denn der Glaube weiss, dass wir eine letztgültige und echte  Sicherheit in der Welt nie finden können und führt uns darum zu einer tiefen Gewissheit, die stärker ist als unser Sicherheitsstreben. 
 
Ganz ähnlich verhält es sich mit unserer Angst vor dem Ungewissen, die ja nur die andere Seite der Medaille unseres Sicherheitsstrebens ist. Aber auch hier lässt sich vom Glauben her sagen, dass das Evangelium uns den Mut schenken kann, den wir brauchen. Denn durch den Glauben sind wir in der Liebe Gottes geborgen, was auch immer passieren mag. Also können wir gewiss sein, dass Gott uns auch hinein ins Neue begleitet und uns fähig macht, der Ungewissheit und Unsicherheit mit einem zuversichtlichen Herz zu begegnen. Darauf können wir uns verlassen. 
 
Wir dürfen uns also getrost und mutig aufmachen. Neue Wege ausprobieren und so Schritt um Schritt in die Zukunft gehen. Man könnte sogar sagen, dass Gott uns zum neuen ermutigen möchte. Auf jeden Fall sagt er dem entmutigten Volk Israel, welches sich zu stark an die Vergangenheit klammert: “Daran denkt ihr, daran klammert ihr euch. Aber blickt doch nicht immer zurück!Ich schaffe jetzt etwas Neues! Es kündigt sich schon an, merkt ihr das nicht?” (Jes 43,18-19)